Erleben

Die Welt der Steingärten: Wildnis trifft auf Eleganz

Steingärten, eine Symbiose aus verschiedenen Kunstformen Ostasiens und der Faszination für die Vielfalt der Natur. Sie sind ein Abbild der Gebirge und Steppen und eine Leinwand, auf der die Schönheiten der Flora in faszinierender Harmonie ausgestellt sind.

Steingarten mit Sukkulenten (Unsplash, Annie Spratt)

Steine als kunstvolles Gestaltungselement in Gärten haben eine lange Geschichte, die bis zu den traditionsreichen Gärten in China und Japan zurückreicht. Der kaiserliche Garten in Peking wurde bereits 1743 von einem französischen Missionar aufgezeichnet. Dieser hat die einzigartige und naturnahe Anordnung der Felsbrocken bemerkt, die trotz ihres wilden Aussehens so sorgfältig platziert wurden, dass sie wie ein spontanes Naturwerk wirkten.

Im 19. Jahrhundert entfachte die Faszination für diese einzigartige Form der Gartengestaltung ein Feuer der Begeisterung in England. Die aufkeimende Faszination für ostasiatische Gärten, gepaart mit der touristischen Entdeckung der Bergwelten, erweckte den Wunsch, die Gebirgsvegetation in die flachere Ebene zu bringen und so ein Umfeld zu schaffen, in dem diese Pflanzen gedeihen konnten. Es entstand ein florierender Handel mit exotischen Pflanzen, vor allem aus den damaligen Kolonien, die in England ankamen und besondere Pflege benötigten. Dies führte zur Schaffung speziell angelegter Steingärten, die optimal auf die Bedürfnisse dieser ausländischen Gewächse zugeschnitten waren.

Welche Art von Steingarten soll es sein?

Die Kunst der Steingartengestaltung beinhaltet zwei Haupttypen – der natürliche und der architektonische Steingarten. Beim natürlichen Steingarten greifen Gestalter auf die raue Schönheit der Bergwelt zurück. Sie kombinieren grosse Findlinge oder Quader mit kleineren, natürlichen Steinen, um ein Gebirgsminiatur zu erschaffen. Besitzer eines hügeligen Grundstücks können diesen Stil ohne grosse Erdbewegungen umsetzen.

Der Steingarten von Sizergh, England
(Unsplash, JR Harris)

Bei flachem Terrain lässt sich der Aushub für grössere Steine nutzen, um Erhebungen zu modellieren. Hier gilt es zu entscheiden, ob mit Findlingen und Geröll oder mit Bruchsteinen gearbeitet wird. Der architektonische Steingarten dagegen folgt einer strengen, regelmässigen Struktur. Gestalter schaffen mit niedrigen Natursteinmauern Pflanzbeete und platzieren die Pflanzen in Mauerritzen und Zwischenräumen. Bei leichtem Hang lassen sich die Beete in Terrassenform anlegen und mittels Treppen zugänglich machen.

Im Idealfall ist der Steingarten leicht nach Südwesten ausgerichtet, allerdings kann er auch in jede andere Richtung angelegt werden, was jedoch die Pflanzenauswahl einschränken kann. Unabdingbar ist eine gute Drainage mit Kies und Sand. Durch die bewusste Platzierung von Steinen und Kleingehölzen lassen sich unterschiedlichste Standortbedingungen schaffen. Manche Pflanzen bevorzugen Halbschatten, andere eine feuchte Umgebung und wieder andere lieben einen sonnigen Standort. Der häufig in unseren Breiten vorkommende kalkhaltige Gartenboden eignet sich in der Regel hervorragend. Für Pflanzen, die spezielle Bodenverhältnisse erfordern, können diese mit Torf, Sand oder Laub geschaffen werden. Eine Düngung ist nicht nötig, da Steingartenbewohner magere Böden bevorzugen. Ab und zu kann etwas Kompost um die Pflanzen gestreut werden.

Die Welt vereint in einem Garten

Ein Steingarten bietet die Möglichkeit, eine vielfältige Auswahl an Stauden und Kleingehölzen aus der ganzen Welt zu integrieren. Egal ob diese Pflanzen ihren Ursprung in den asiatischen Steppen, den Anden, dem Himalaya oder den amerikanischen Prärien haben, sie haben oft eine Anpassungsfähigkeit an weniger optimale Standortbedingungen entwickelt. Viele von ihnen gedeihen sogar über der Baumgrenze, wo sie harten Wintern, kargen, humusarmen Böden, geringem Niederschlag oder, im Falle von Laubwaldpflanzen, nur saisonalem Licht ausgesetzt sind. All diese Bedingungen sollten bei der Auswahl der Bepflanzung eines Steingartens in Betracht gezogen werden.

Hepatica transsylvania (Unsplash, Yoksel Zok)

Im Steingarten hat jede Pflanze einen hohen Stellenwert. Oft handelt es sich um seltene Arten, die schwer zu beschaffen sind und von der Aussaat bis zur Pflege eine gewisse Geduld erfordern. Daher sollte jeder einzelnen Pflanze in einem Steingarten besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Es geht nicht nur darum, ein ansprechendes Gesamtbild zu schaffen, sondern auch um die Pflege und Präsentation jeder einzelnen, oft seltenen Pflanzenart.

Unser Steingarten in Grüningen 

In unserem Steingarten im Botanischen Garten Grüningen gedeihen diverse Pflanzen, die nicht traditionell in diese Umgebung gehören, wie etwa die Arve oder die Prachtweide. Sie erfordern viel Platz und konsequente Pflege, um die Balance mit schattenliebenden Pflanzen aufrechtzuerhalten. Während die meisten Pflanzen im Frühling blühen, bieten einige eine attraktive Herbstblüte oder eine mehrmonatige Blütenpracht. Dabei ist nicht nur die Blüte selbst von Bedeutung, sondern auch spezielle Blattformen, feine Blütenrispen und der herbstliche Fruchtschmuck.

Zwillingsblatt Jeffersonia diphylla mit grüner und offener Frucht

Eine Besonderheit ist das Zwillingsblatt, das in Nordamerika heimisch ist und schattige Standorte mit reichlich Humus bevorzugt. Es bildet eine einzigartige Kapsel, deren Deckel sich halbseitig öffnet um den Samen herauszupressen. Der Garten beherbergt zudem eine Vielzahl an Primelarten, darunter die Kugelprimel, die in einer breiten geografischen Spanne von Afghanistan bis Westchina heimisch ist. Mit ihren kugelförmigen Blütendolden, die im April erscheinen, stellt sie ein besonderes Highlight dar.

Verwandeln Sie Ihren Garten in eine atemberaubende Naturkulisse

Möchten Sie ein Stück Alpenlandschaft in Ihren Garten bringen? Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit wenigen Schritten und dank kluger Planung einen Steingarten anlegen, der sowohl schön als auch pflegeleicht ist.

  • Planung: Starten Sie mit einer Lageskizze Ihres geplanten Steingartens, berücksichtigen Sie dabei Fläche, Lichtverhältnisse und Bodenbeschaffenheit. Markieren Sie auch Stellen für Dekorationselemente und Wege.
  • Hauptelemente: Steine, Kies und Pflanzen sind die Schlüsselbestandteile. Eine leichte Hanglage (ca. 10 Prozent) hilft dabei, Regen- und Giesswasser abfliessen zu lassen.
  • Die Steine: Wählen Sie Steine verschiedener Grössen und Beschaffenheit, um eine natürliche und unregelmässige Anordnung zu erzielen. In kleinen Gärten sollte man eher bei einer Gesteinsart bleiben, um die Optik nicht zu unruhig zu gestalten.
  • Alternativen: Wenn keine Hanglage vorhanden ist, können Sie einen Geröllgarten oder ein Kiesbeet anlegen. Bei wenig Platz kann auch ein Steinbeet im Pflanzgefäss eine gute Alternative sein.
  • Pflanzen: Wählen Sie Pflanzen, die trockene und sonnige Bedingungen bevorzugen und die Bodenqualität verbessern können.